Ein Trail Hippie unter lauter Irren?

Es ist Freitag der 15. Juli 2016. Ich stehe auf einem Expo Gelände. Um mich herum lauter Stände der unterschiedlichsten Hersteller. Jeder versucht seine Waren an den Mann bzw. an die Frau zu bringen. Um einen herum wuseln die anderen Teilnehmer mit deren Begleitungen. Es werden noch die letzten Besorgungen gemacht und und Startunterlagen abgeholt. Doch etwas ist anders im Gegensatz zu sonst. Das hier ist die Challenge Roth. Kein Marathon, kein Traillauf und kein Ultralauf. Ich habe ich auf fremdes Territorium gewagt. Nachdem ich im vergangenen Jahr nur als Zuschauer und Support für Marcel und Matthias nach Roth gekommen war, hatten wir uns kurze Zeit später für eine gemeinsame Staffel entschieden. Ich sollte den Schwimmpart übernehmen. So entstand das Team LaMaMa unter der Leitung der Hardtseemafia, einem verdammt coolen Haufen unter der Leitung von Don Indi, welche aus meinen Schilderungen hier zum Thema komplett auszuklammern sind. Aus LaMaMa wurde aufgrund einer Entzündung im Auge meinerseits vor einigen Wochen das Team MaMaLa und ich war als Läufer für den Marathon vor Ort.

Nach kurzfristiger Umplanung aufgrund eines Motorschadens hatte ich es Freitag dann doch dank der Familie Götz nach Roth geschafft. Deren Sohn Cedric ging am Samstag morgen erfolgreich auf der Jugend B Distanz an den Start. Er belegte in einem starken Feld einen guten 19. Rang und konnte sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessern.

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Cedric im Wasser
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Cedric im Zieleinlauf

Ich bezog meine Stellung auf dem eigens von der Hardtseemafia organisierten Campingplatz auf dem Sportplatz der SpVgg Roth. Eine geniale Homebase für die Challenge Roth, mitten im Zentrum des Ironman Wahnsinn. Der Sportplatz ist Mittwoch bis Mittwoch in fester Hand der Mafiosi. Nachdem das Zelt aufgestellt war ging es auf die Messe und anschließend Abends mit Tim und Maren zum Italiener vor Ort. Auch hier alles im Challenge Fieber. Rote Teppiche vor den Restaurants und Geschäften. Eigene Challenge Speisekarten usw.

Am darauffolgenden Tag reisten auch die verbleibenden Mitglieder unserer Staffel an. Matthias mit seiner Tochter zusammen und Marcel mit seinem Schlachtschiff, leider kurzfristig ohne Begleitung. Nachdem die Stellungen bezogen waren machte sich Marcel auf sein Rad einzuchecken. Die Räder müssen bei der Challenge bereits um 16 Uhr am Vortag eingecheckt werden. Der Rest der Truppe machte sich derweil auf die Expomesse unsicher zu machen. Diverse Einkäufe wurden noch getätigt und das inoffizielle Teamshirt noch besorgt.

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Chillen in der Homebase
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MaMaLa im thr33ky Teamoutfit

Am Abend traf die Truppe dann noch auf Familie Tegatz, die er Challenge Roth auf ihrem Weg an den Gardasee noch einen Support Besuch abstattete. So war die geniale Truppe wieder zusammen wir genossen das gemeinsame Abendessen in Roth vor dem Wettkampftag. Alle waren gespannt auf den kommenden Tag. Wir als Staffel und Tim auf seiner Langdistanz.

Die Gang fast komplett
Die Gang fast komplett

Am nächsten Morgen herrschte bereits hektisches Treiben auf dem Campingplatz. Die Starter der Einzeldistanz mussten früher in Richtung Schwimmstart als die Staffeln und so war ich ziemlich der einzige der von den dumpfen Schlägen und dem pfeifen durch ganz Roth zum Start des Profischwimmblocks geweckt wurde. Nach einem kurzen Frühstück ging es dann auch los in Richtung Schwimmstart für unsere Staffel. Matthias war als Schwimmer kurzfristig eingesprungen, vielen Dank ihm an dieser Stelle schon einmal für das kurzfristige Tauschen.

Startnummer
Startnummer

Dort angekommen quetschte er sich in den Neoprenanzug und Marcel positionierte sich an seinem Rennrad. Ich bezog mit Dennis und Matthias Tochter eine gemütliche Zuschauerposition direkt am Schwimmkanal. Punkt 8.50 Uhr hallte dann der Kanonenschlag für unseren Staffelstart durch die Luft. Matthias war im Wasser und somit das Abenteuer Roth für die Staffel MaMaLa gestartet.

Schwimmen
Schwimmen
Schwimmstrecke
Schwimmstrecke

Matthias wollte das Schwimmen hauptsächlich erfolgreich beenden und die Zeit war mehr Nebensache. Auf unser Position am Wasser konnten wir die letzten 100m der Schimmstrecke beobachten. Hunderte grüne Badekappen der Einzelstarter schwammen an uns vorbei. Dann endlich weiße Mützen. Die ersten Staffeln schwammen an uns vorbei. Wir versuchten angestrengt Matthias zu entdecken, konnten ihn aber aus den vielen Schwimmern nicht identifizieren. Dann plötzlich die Meldung auf dem Handy, dass er das Schwimmen beendet hat und noch dazu in einer super Zeit von 1:22:03 Stunden. Auch der Wechsel auf Marcel war perfekt gelaufen und unsere Staffel voll im Soll.

Nachdem Matthias umgezogen machten wir uns auf den Weg zurück nach Roth. Noch ein Mittagssnack und dann in Richtung Marathonmesse. Ich war in der Zwischenzeit doch etwas nervös geworden. Komisches Gefühl wenn man weiß man ist als nächstes dran, schlendert aber noch in Alltagsklamotten über die Messe, weil man ja noch 4 Stunden Zeit hat bis zu seinem Einsatz. Marcel raste in der Zwischenzeit draußen auf dem Rundkurs um Roth von Zwischenzeit zu Zwischenzeit. Trotz seiner Einzellangdistanz vor 2 Wochen in Frankfurt (10:17 Stunden) ließ er es ordentlich krachen.

Noch einer ließ es aber an diesem Tag in Roth auch krachen. Jan Frodeno! Schon den ganzen Tag verfolgten wir ungläubig seine Leistungen. Mit der Aussage den Weltrekord anzugreifen war er schon beim Schwimmen mit einer unglaublichen Zeit voll auf Kurs. Nach der Radfahrt und dem zum Glück glimpflichen Sturz hatte er einen solchen Vorsprung, dass eigentlich niemand mehr an seinem Sieg und vor allem dem neuen Weltrekord zweifelte. Er flog nur so über die Marathonstrecke und wir konnten ihn bei seinem Weltrekordeinlauf noch bestaunen. 7:35:39 Stunden, was für ein krasser Typ!!

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Frodeno fliegt zum Weltrekord
Frodeno fliegt zum Weltrekord
Frodeno fliegt zum Weltrekord

 

So langsam war es dann auch für mich Zeit in Richtung der Wechselzone zu gehen. Marcel kündigte sich mit hoher Geschwindigkeit an. Schnell umziehen, den Kleiderbeutel abgeben und noch kurz hinsetzten. Hier merkte ich, dass ich doch durch die Wärme und den ganzen Tag auf den Beinen schon recht erschöpft war um direkt einen Marathon noch zu laufen. Doch viel Zeit zum Nachdenken hatte ich nicht, schon preschte Marcel an. Insgesamt war er 5:16:22 Stunden auf dem Rad unterwegs.

Wir übergaben den Zeitchip und er schickte mich mit dem Hinweis „Zerstör dich nicht komplett“ auf die Strecke. Vielleicht genau der richtige Tipp für diesen Tag. Unter Applaus der Zuschauer verließ ich die Wechselzone und Roth. Mein Plan war den Marathon unter 3 Stunden anzugehen und einfach schauen was passiert. Die erste Kilometer führt die Strecke noch im schattigen Wald aus Roth heraus. Ich hielt das Tempo hoch und flog gefühlt an den abgekämpften Einzelstartern vorbei. Einen anständigen Laufrhythmus zu finden, leider fast unmöglich. An der Strecke dazu hunderte Zuschauer die einen gnadenlos nach vorne peitschen. Am Kanal angekommen hatte ich auch unzählige Staffelläufer schon kassiert. Nun folgte der eklige Teil des Rennens. Wir schwenkten nach links und immer am Kanal entlang ging es endlos weiter. An der ersten Messstelle bei 4,1 Kilometer war ich mit 14:23 Minuten registriert worden. Bis hierhin eine Pace von 4:04min/km. Weit unter 3 Stunden und viel zu schnell. Ich war mir direkt bewusst so geht das eh nicht bis ans Ende, wollte aber schauen wie lange.

Laufstrecke
Die öde Laufstrecke

Nun folgten wir dem Kanal bis nach Schwand. In der prallen Sonne auf einem Kiesweg immer parallel zur Wasserstraße. Das kühle Wasser sehnte ich herbei. Jede Verpflegungsstation nutzte ich um mir etliche Schwämme und Becher über den Kopf zu kippen und so kühl zu bleiben. Immer wenn ein Mafiosi der Hardtseemafia meinen Weg kreuzte klatschte man sich gegenseitig ab und sprach sich Mut zu. Ein toller Teamspirit mit komplett fremden Menschen, welche durch die Sache aber zu einer Einheit verschmolzen. Auch mit Sandra und Jörn klatschte ich unterwegs ab. Eine gelungene Abwechslung auf der öden Strecke. In Schwand wartete dann Matthias an der Strecke und feuerte mich an. Mein Tempo konnte ich bis hier knapp über 4:05min/km halten. Soweit so gut. Ich merkte aber hier bereits die Wärme sehr deutlich und die Kraft war schon deutlich weniger, als man es sich zu diesem Zeitpunkt des Rennens wünscht.

In der Hitze in Schwand
In der Hitze in Schwand

Auf dem Rückweg von Schwand an den Kanal stand nach einer Unterführung ein kleiner aber fieser Anstieg im Weg. Das erste Mal musste ich hier einen Kilometer über 3 Stunden Tempo passieren lassen. Oben angekommen war mir klar, das sollte heute nicht reichen. Ich wollte noch möglichst weit in der Nähe der 3 Stunden bleiben und es dann aber auch gut sein lassen, sollte ich merken das es nicht mehr geht. Zurück den Kanal entlang bis zur Halbmarathonmarke. 1:28:22 Stunden. Noch genug unter 3 Stunden aber auch leider schon in der Gewissheit, dass das nicht reichen wird.

Nachdem wir nun die Kanalstrecke nach links erkundet hatten ging es nach rechts. Ich würde gerne etwas mehr über die Strecke schreiben aber die ist wirklich komplett eintönig den Kanal entlang. Einzige Abwechslung bieten hier die Stimmungsnester an den Verpflegungsstationen oder eben das der Hardtseemafia in Eckersmühle. Hier steht Don Indi persönlich mit Startbogen und Mikrophone und brüllt die Läufer über die Laufstrecke weiter. Ein toller Typ und ein tolles Team. Ich genieße die Atmosphäre und schaue drüber hinweg die sub 3 Stunden Zeit längst über Bord geworfen zu haben. Ich will nur noch ankommen und dabei Spaß haben.

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Auf der Laufstrecke

Die Strecke wendet kurz nach dem Hardtseemafia Stand und führt nochmal hindurch und dann zurück in Richtung Roth mal wieder am schon bekannten Kanal entlang. Ein bisschen weh tut es schon in die abgequälten Gesichter der entgegen kommenden Einzelstarter zu blicken und zu wissen was diese noch vor sich und schon hinter sich haben. Richtig Laufen kann von ihnen fast keiner mehr. Nach schier endloser Zeit darf auch ich dann den Kanal endlich verlassen. Im Kopf weiß ich inzwischen es wird für unter 3:10 Stunden reichen und ich genehmige mir einen gemütlichen 4:50min/km Schnitt. Das reicht für heute völlig und bringt mich auch so schon an eine Belastungsgrenze. Nach einer Ehrenrunde durch Roth mit fantastischer Stimmung auf dem Marktplatz, biege ich in Richtung Expogelände und Zielbereich ab.

Zieleinlauf
Zieleinlauf

Am Rand warten Marcel und Matthias mit seiner Tochter. Wir tun uns zusammen und genießen als Staffel die letzten 200m durch das Zielgelände. Wir klatschen mit unzähligen Händen ab und erreichen dann völlig zufrieden und erschöpft die Ziellinie.

Die Uhr bleibt für mich nach 3:06:59 Stunden stehen, für die gesamte Staffel eine mega geile 9:48:17 Stunden!!!

GESCHAFFT!!
GESCHAFFT!!

Wir werden damit 64. Staffel der Männer, 90. Staffel gesamt und für mich die 26. Laufzeit der Männer.

Unser Ergebnis

Mein Move

Den Abend lassen wir bei einer mega Party im Stadion von Roth ausklingen und genießen die Atomsphäre. Jeder Finisher wird auch nach 15 Stunden noch von tausenden Zuschauern ins Ziel gejubelt. Das ist Roth. Mit einem Feuerwerk und einer bewegenden Rede der Organisatoren endet dann dieser magische Tag.

Party im Ziel
Party im Ziel
Party im Ziel
Party im Ziel
Party im Ziel
Party im Ziel

Vielen Dank an alle die an der Strecke eine so tolle Unterstützung abgeliefert haben und auch an Don Indi und die Hardtseemafia für das mega Wochenende und die tolle Organisation vor Ort!! Einsame Spitze!

Doch trotz der überragenden Eindrücke aus Roth habe ich einen kleinen Wermutstropfen. Zum einen bin ich froh darüber auf der anderen Seite finde ich es schade. Nach dem letzten Jahr als Zuschauer hatte ich mich schnell als Teilnehmer einer Staffel gemeldet. Doch dieses Jahr hat es Roth nicht geschafft mich weiter in Sachen Triathlon anzustacheln. Als Teilnehmer einer Staffel als Läufer würde ich mich jederzeit auf das Thema wieder einlassen, aber ansonsten habe ich mich in dieser Welt nicht so Wohl gefühlt wie ich es eigentlich vermutet hätte. Zu hektisch und fixiert die Leute (natürlich nicht alle). Zu reglementiert alles, für jeden Mist gibt es Strafen und Disqualifikationen. Gleichzeitig eine reine Materialschlacht wo viele einfach nur auf protzen aus sind. Manager im mittleren Alter in ihrer ersten Midlife Crises hechten völlig unentspannt und gestresst über die Ausstellermesse. Keine Spur von Lockerheit wie ich es von Marathons oder vor allem von den Ultras gewohnt bin. Es tut mir wirklich richtig leid für Roth aber zumindest was das sportliche angeht, hat es leider nicht geschafft mich zu flashen. Vielleicht sieht das in ein paar Jahren anders aus und mein Kopf lässt sich auf dieses Abenteuer ein, aber im Moment bleibe ich beim Laufen, sei es auf Asphalt oder den geliebten Trails.

Natürlich muss ich da aber auch die Leute in Schutz nehmen die in diesem Kreis die Ausnahme bilden. Es gibt auch hier genug coole und lässige Typen mit denen man richtig Spaß haben kann und das Event trotzdem für mich mehr als zufriedenstellend haben werden lassen!

2 Kommentare

  1. Geniale Zeit und ein schöner Bericht!
    Vielleicht versuchst Du Dich auch erst mal an den kurzen Distanzen. 🙂 In Freiburg waren alle, denen ich begegnet bin, nett und lässig drauf. Keine Spur von Materialschlacht. Je prestigeträchtiger so ein Event, desto unentspannter auch das Teilnehmerfeld.
    Sehen wir uns in Pfohren? Ich lauf dann eher wieder hinten…

    1. Danke dir. Da hast du vielleicht recht. Muss ich doch irgendwann mal probieren wenn mein Kopf sich mit der Rad Thematik beschäftigen will. Pfohren bin ich als Mitglied im ausrichtenden Verein natürlich mit dabei! Bis Mittwoch in dem Fall! Grüße

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