Vergangenes Wochenende flatterte mal wieder ein Hochglanz Prospekt von einem Ultralauf in den Alpen in den Briefkasten. Natürlich professionell aufgezogen von einer renommierten Werbeagentur, welche dafür sicherlich gutes Geld bekommen hat. Auch dutzende Sponsoren aus der großen Welt der Sportartikelhersteller und Ernährungsbranche thronen über dem Logo. Auf dem Tisch daneben liegt die aktuelle Ausschreibung des 36. Weihermooslauf in Unterkirnach. Ein 10 Kilometer Volkslauf hier in der Region.
Warum man die Volksläufe einfach lieben muss und jeder einmal einen absolvieren sollte.
-
Die Menschen
Die meisten Volksläufe werden schon immer von den gleichen Vereinen ausgerichtet. In den meisten Fällen Laufvereine oder Sportvereine. Hinter der Anmeldung sitzt seit 20 Jahren das gleiche Mütterchen oder schon die Läufer des Vereins in Laufklamotten. Diese Menschen sind ein Teil warum man solche Volksläufe macht. Sie gehören einfach zum Inventar und stehen ungefragt Jahr für Jahr wieder ehrenamtlich zur Verfügung.
-
Die Legenden
Jeder Volkslauf hat seine Legenden und ungeschriebenen Gesetze. Der ehemalige Berglaufmeister, welcher immer noch an der Startlinie steht in seiner M65 und Jahr für Jahr von besseren Zeiten erzählt vor dem Start um dann den M40ern zu zeigen, dass man ihn nicht abschreiben darf, insgeheim aber jeder weiß das seine Zeit gekommen ist die Laufschuhe einzutauschen wenn er wieder mit dem Besenwagen als letzter ins Ziel humpelt.
-
Die Technik
Keine moderne Zeitmessung. Eine mit Kreide gemalte Linie auf Höhe des dritten Pfostens des Gartenzauns von Elke Müller ist jedes Jahr die Startlinie. Gestartet wird natürlich ohne Netto Zeitmessung und jeder weiß automatisch wo er sich einsortieren muss. Im Ziel dann das selbe Bild. Ein Zielkanal aus Bierbänken und ein paar Helfer mit Handstoppgerät. Im Zielkanal wird natürlich dann Fairnesshalber nicht mehr überholt. Die Einführung von neumodischen Messsystemen mit Chip Messung wird von den alten Hasen als „neumodisches Klump“ abgetan und mit „früher ging es auch ohne“ kritisch beäugt.
-
Die Duelle
Seit Jahren toben auf den Volkslaufstrecken der Nation schon immer die gleichen Duelle. In den jüngeren Jahren der Kontrahenten noch um den Tageswertung, später dann noch verbitterter um die Altersklassen. Man freut sich wenn der Konkurrent die Altersklasse eventuell ein Jahr früher verlässt und man dann die Chance hat doch mal was zu gewinnen hier oder wenn man selbst derjenige ist, der die AK als erster wechselt.
-
Die Preise
Als Läufer kann man leider nicht immer etwas gewinnen. Je nach eigenem Niveau ist für die meisten Läufer ein Tagessieg oder selbst ein Altersklassen Sieg sehr weit entfernt. Bei Volksläufen kann das aber ganz anders aussehen. Hier muss man oftmals quasi nur zur rechten Zeit am rechten Ort sein und man kann doch immer mal wieder ein Treppchenplatz in der Altersklasse abstauben. Zuhause muss ja anschließend keiner wissen, dass es nur drei Starter in dieser AK gab.
-
Das Herzblut
Die Läufe werden leidenschaftlich und aufopferungsvoll von kleinen Laufvereinen organisiert. Man merkt an jeder Ecke die Leidenschaft und Einsatz der Ehrenamtlichen. Probleme werden sehr schnell und gerne gelöst. Es gibt keine komplizierten Anmeldeprozesse. Wer schon immer geholfen hat, hilft auch dieses Mal wieder und alles funktioniert seid Jahren reibungslos.
-
Der KUCHEN!
Das wichtigste zum Schluss. Bei den Volksläufen gibt es meistens den leckersten Kuchen zum schmalen Preis. Jeder aus dem Verein wird zum backen abbestellt und man findet an den Kuchentheken dieser Volkslauf Welt wirklich die leckersten von Omas gebackenen Kuchen aller Sorten. Meistens für faire 1-2 Euro.
Es gibt also viele Gründe warum jeder Läufer auf der Suche nach dem nächsten Lauf nicht immer nur in die Ferne blicken sollte, sondern auch mal schauen was so vor seiner eigenen Haustüre so stattfindet. Vielleicht gibt es hier ja einen Volkslauf von dem ihr selbst noch nicht viel gehört habt und der aber es verdient hat, dass der ein oder andere Läufer mehr an der Startlinie steht.
Also geht raus und erobert die Volksläufe dieser Welt!
Ich stimme dir voll und ganz zu. Ein schöner Volkslauf ist ein gelungener Tag! Das Herzblut, das in die Veranstaltung gesteckt wird, das nette Miteinander, der Ausflug mit den Begleitern und natürlich der Kuchen danach machen aus einem einfachen Lauf ein wunderbares Erlebnis!
Ganz genau so ist es. Die großen Läufe sind schon auch schön, wo man in einer riesigen Masse an Menschen durch extra abgesperrte Straßen in der großen Stadt läuft. Aber die kleinen Läufe, wo der Stadionsprecher den Begleitradler vor dem Lauf frägt, ob er heute zehn Kilometer durchhält, wo auch der letzte Läufer noch Zielverpflegung bekommt und wo die Zwergerl sich unter dem Applaus aller Läufer auf einer Runde um den Sportplatz die Seele aus dem Leib sprinten – die möchte ich nicht missen.
Das könnte man nicht besser schreiben! Es wäre schade, wenn die Trailrunning-Konzerne die Volksläufe verdrängen würden. Sicher, beide decken teilweise unterschiedliche Segmente ab – aber ich sehe mit Bedenken, dass auch bei den Trail-Veranstaltungen die Hochglanz-Events boomen, während die von Vereinen veranstalteten Läufe teilweise Teilnehmerrückgang zu verzeichnen haben.